{"id":48808,"date":"2020-11-20T11:41:11","date_gmt":"2020-11-20T11:41:11","guid":{"rendered":"https:\/\/www.tophair.de\/uncategorized\/uncategorized-detailseite\/urteil-des-monats-selbststaendig-oder-doch-nicht\/"},"modified":"2025-01-22T09:31:26","modified_gmt":"2025-01-22T09:31:26","slug":"urteil-des-monats-selbststaendig-oder-doch-nicht","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.tophair.de\/business\/business-detailseite\/urteil-des-monats-selbststaendig-oder-doch-nicht\/","title":{"rendered":"Urteil des Monats: Selbstst\u00e4ndig \u2013 oder doch nicht?"},"content":{"rendered":"

Unser Rechtsexperte hat sich ein interessantes Urteil zum Thema Selbstst\u00e4ndigkeit angeschaut \u2013 zwar in einer anderen Branche, doch die Rechtssprechung in diesem Fall kann auch f\u00fcr Friseursalons relevant sein. <\/p><\/div>\n\n

1. Was ist passiert?<\/h3>\n\n\n

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A hat sich auf Unterhaltungstelefonate f\u00fcr Erwachsene spezialisiert. Dies tut sie freiberuflich und entscheidet sich, in den R\u00e4umlichkeiten von B zu arbeiten und von ihm Zimmer nebst Telefonanlage f\u00fcr monatlich 50 Euro anzumieten. Schnell stellt sich heraus, dass B ein seltsames Verst\u00e4ndnis von Freiberuflichkeit hat. A kann nicht einfach telefonieren, wie sie will. Zun\u00e4chst muss sie einen als AGB bezeichneten Vertrag unterschreiben.<\/strong> Darin ist vorgegeben, in welcher Form die Telefonate zu f\u00fchren sind, dass ein Profil auf einer Website von B angelegt werden muss und dass die Arbeitszeiten verbindlich in einen Schichtplan einzutragen sind. Au\u00dferdem \u00fcberwacht B den von A angemieteten Raum per Videokamera und zeichnet die Telefonate auf. Die Einnahmen erh\u00e4lt au\u00dferdem B, der gegen\u00fcber A eine Abrechnung erstellt und damit die Telefonate verg\u00fctet. Als B dann auch noch Zahlungen nicht leistet, erhebt A Klage. Und zwar vor dem Arbeitsgericht, denn von einer Freiberuflichkeit sei bei diesen Bedingungen nicht auszugehen.<\/strong> Quatsch!, entgegnet B. A k\u00f6nne doch alles frei gestalten und daher sei nicht das Arbeitsgericht, sondern das Landgericht zust\u00e4ndig. Dieser Argumentation folgt das Arbeitsgericht. A legt jedoch Beschwerde ein.<\/p>\n\n\n\n

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2. Was sagt das Gericht?<\/h3>\n\n\n

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Das Landesarbeitsgericht (LAG) K\u00f6ln hatte nun im Kern die Frage zu beantworten, ob ein Arbeitsverh\u00e4ltnis zwischen A und B bestand oder A tats\u00e4chlich nur freiberuflich besch\u00e4ftigt war<\/strong>. Dabei kommt es nicht darauf an, wie die Parteien ihr Vertragsverh\u00e4ltnis bezeichnet haben, sondern welche Umst\u00e4nde ganz konkret vorgelegen haben. Vorliegend war A in die Arbeitsorganisation des B eingegliedert. Sie unterlag in ihrer Arbeitsausf\u00fchrung au\u00dferdem der \u00dcberwachung des B, der Strafen bei Verst\u00f6\u00dfen geltend machen durfte. Die gesamte Abrechnung lag in der Hand von B. Auch konnte A nicht frei am Markt auftreten, sondern musste das Profil auf der Website des B nutzen und die zugewiesenen Anrufe annehmen. Freie Entscheidungen, wie sie f\u00fcr Selbstst\u00e4ndige gerade typisch sind, konnte A nicht treffen. <\/strong>Das LAG geht daher nicht von einer freiberuflichen T\u00e4tigkeit, sondern einem Arbeitsverh\u00e4ltnis zwischen A und B aus. Damit war das Arbeitsgericht zust\u00e4ndig und muss nun \u00fcber die Anspr\u00fcche der A entscheiden. (LAG K\u00f6ln, 25.08.2020 – 9 Ta 98\/20)<\/p>

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3. Was hei\u00dft das f\u00fcr Sie?<\/h3>\n\n\n

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Wie immer zun\u00e4chst etwas Grunds\u00e4tzliches: Wann immer Anspr\u00fcche aus dem Arbeitsverh\u00e4ltnis betroffen sind, ist das Arbeitsgericht zust\u00e4ndig. Das gilt nicht nur f\u00fcr K\u00fcndigungsschutzklagen, sondern beispielsweise auch, wenn die R\u00fcckzahlung eines Arbeitgeberdarlehens oder die Auszahlung von \u00dcberstunden geltend gemacht werden. Selbst f\u00fcr die Beantragung eines Mahnbescheides ist das Arbeitsgericht zust\u00e4ndig, wenn der geltend gemachte Anspruch aus einem Arbeitsverh\u00e4ltnis kommt. Wann aber liegt ein Arbeitsverh\u00e4ltnis vor? Dieser Frage geht das LAG K\u00f6ln nach und die Antwort kann auch im Salon relevant sein. Immer wieder gibt es die Stuhlmiete, bei der einem freiberuflich t\u00e4tigen Kollegen nur die Infrastruktur des Salons zur Verf\u00fcgung gestellt wird. Bedient er nur seine eigenen Kunden auf eigene Rechnung, arbeitet ohne Anweisung und wann er will, liegt eine Selbstst\u00e4ndigkeit vor.<\/strong> Je st\u00e4rker er aber in die Salonorganisation eingebunden ist, Weisungen befolgen muss, umso eher ist ein Arbeitsverh\u00e4ltnis anzunehmen. Auf einen schriftlichen Vertrag kommt es dabei nicht an, ein Arbeitsvertrag kann auch allein durch das tats\u00e4chliche Handeln geschlossen werden.<\/p>\n\n\n\n

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Teurer Irrtum<\/h3>\n

Wenn bei einer eigentlich beabsichtigten Selbstst\u00e4ndigkeit tats\u00e4chlich doch ein Arbeitsverh\u00e4ltnis vorliegt, sind f\u00fcr Streitfragen die Arbeitsgerichte zust\u00e4ndig. Das ist dann aber das kleinste Problem: Liegt ein Arbeitsverh\u00e4ltnis vor, m\u00fcssen Sozialversicherungsabgaben nachtr\u00e4glich entrichtet werden. Ein teures Vergn\u00fcgen.<\/p>\n<\/td><\/tr><\/tbody><\/table><\/figure>\n\n\n\n

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Sven Kobbelt <\/strong>ist Rechtsanwalt und Experte f\u00fcr mittelst\u00e4ndische Unternehmen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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