Wer überlegt, den Betrieb an einen leitenden Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zu übergeben, erhöht dadurch nicht in jedem Fall den Arbeitslohn, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat. Welche Vorteile das für Unternehmer hat, erklärt Ecovis-Steuerberater Dominik Hertreiter aus München.
Inhaltsübersicht
- Problem: Geeignete Nachfolger finden
- Sachverhalt: Gesellschaftsanteile auf leitende Mitarbeiter übertragen
- Entscheidung des BFH
- Darum ist das Urteil für Unternehmensnachfolgen so wichtig:
- Für die Praxis bedeutet dies
- Fazit
Problem: Geeignete Nachfolger finden
Die Nachfolge in mittelständischen Unternehmen ist meist schwierig. Häufig fehlen geeignete Erben oder diese haben nicht die notwendige unternehmerische Expertise. Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, greifen Unternehmer*innen daher vermehrt auf erfahrene leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück. Diese erhalten Unternehmensanteile häufig unentgeltlich oder zu einem reduzierten Kaufpreis. Finanzbehörden bewerten dies oftmals als geldwerten Vorteil und unterwerfen die begünstigten Mitarbeiter der Lohnsteuerpflicht
Sachverhalt: Gesellschaftsanteile auf leitende Mitarbeiter übertragen
Die Inhaber eines mittelständischen Unternehmens übertrugen ihre Gesellschaftsanteile teilweise auf leitende Mitarbeiter*innen, um die Unternehmensnachfolge zu sichern. Die Übertragung erfolgte unentgeltlich und war weder an Bedingungen noch an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft. Beide Parteien vereinbarten eine Rückfallklausel, falls erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen nicht greifen sollten.
Das Finanzamt wertete die Anteilsübertragung als Arbeitslohn, da die Nachfolger zum einen der Sohn des Gesellschafterpaares und zum anderen Angestellte des Unternehmens waren. Dementsprechend erhöhte die Übertragung die Einkünfte der Mitarbeiter aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gab der Klage eines begünstigten Mitarbeiters statt. Das unterlegene Finanzamt legte daraufhin Revision ein, die der BFH jedoch als unbegründet zurückwies.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte, dass der verbilligte Erwerb von Unternehmensanteilen grundsätzlich als Arbeitslohn gelten kann. Allerdings muss der Vorteil für eine Beschäftigung gewährt worden sein, das heißt, er muss durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sein. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die Unternehmensnachfolge im Vordergrund stand (Urteil vom 20. November 2024, VI R 21/22).
Wesentliche Entscheidungsfaktoren dafür waren:
– Die Unternehmensfortführung war das Motiv für die Übertragung, dokumentiert durch eine Gesellschafterversammlung.
- Die Anteile wurden nicht verbilligt, sondern unentgeltlich übertragen.
- Die Übertragung war nicht an bestehende oder zukünftige Arbeitsverhältnisse gekoppelt.
- Die Anteile hatten einen erheblichen wirtschaftlichen Wert, der über eine übliche Vergütung für geleistete Arbeit hinausging.
Darum ist das Urteil für Unternehmensnachfolgen so wichtig:
„Das Urteil schafft eine wichtige Grundlage für steuerliche Rechtssicherheit bei Unternehmensnachfolgen an leitende Mitarbeiter*innen. Unternehmer*innen können ihr Unternehmen so strategisch übergeben, ohne dass die Begünstigten regelmäßig einer hohen steuerlichen Belastung durch die Einstufung als Arbeitslohn unterliegen“, erklärt Steuerberater Dominik Hertreiter bei Ecovis in München.
Für die Praxis bedeutet dies
- Unternehmensnachfolgen sollten frühzeitig geplant und sorgfältig dokumentiert werden.
- Die steuerliche Gestaltung muss eng an den Vorgaben des BFH ausgerichtet sein.
- Die Übertragung an Arbeitnehmer sollte unabhängig vom Arbeitsverhältnis erfolgen, um eine Einstufung als Arbeitslohn zu vermeiden.
Fazit
Unternehmen können auf interne Nachfolger setzen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen. „Steuerliche Beratung bleibt dennoch entscheidend, um die Vorgaben optimal und rechtssicher umzusetzen“, sagt Dominik Hertreiter.
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