Hauptberuflich war Tom Hannemann bis vor Kurzem Director of Education bei New Flag. Viele kennen ihn aber von seinem Kanal „the.beautiful.people“, mit dem er Aufklärungsarbeit im Netz leistet. Ein Interview.
TOP HAIR: 390.000 Follower bei TikTok, 183.000 bei Insta. Herr Hannemann, was ist Ihr Geheimnis? Wie schaffen Sie es, Menschen in einer medial lauten Welt zu erreichen?
Tom Hannemann: Mir geht es um die Sache. Mir geht es nicht um mich, mir geht es auch ehrlich gesagt nicht darum, viele Follower zu haben oder Views und Klicks. Ich bin auch nicht getreten, um damit Geld zu verdienen. Ich finde einfach, dass viele dieser Dinge, um die es in meinen Videos geht, es verdient haben, von einem breiten Publikum gehört zu werden.
Ist das auch Ihr Antrieb, dieses Wissen allgemein zugänglich zu machen?
Das ist auch mein Ziel. Endverbrauchern kann es nicht schaden, mehr über die eigene Haarpflege zu wissen. Und Friseure werden manchmal mit Aussagen von Kunden konfrontiert, zu denen sie kaum was sagen können. In meinen Videos versuche ich, komplexe Themen einfach zu erklären. Ich bin der Meinung, dass viele Dinge, Tipps und Tricks im Kontext Haare und Schönheit bekannt sein dürfen und auch sollten. Mein Ziel ist, für beide Seiten ein besseres Verständnis herzustellen.
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Erzählen Sie ein bisschen was über sich. Wer ist Tom Hannemann? Was macht Sie aus? Wie war Ihr Werdegang?
Mein Lebenslauf war bisher nicht geradlinig im Sinne von Schule, danach Lehre oder Studium. Im Gegenteil, jedes Mal, wenn jemand gefragt hat „Wer macht das?“ hab ich die Hand gehoben und gesagt: „Ich“. Für mich gibt’s kaum Spannenderes, als alles mal auszuprobieren und mir möglichst viele Fähigkeiten draufzupacken. Ich komme aus der Nähe von Chemnitz und habe dort ganz klassisch in zwölf Jahren mein Abitur gemacht, danach meinen Pflichtdienst bei der Bundeswehr absolviert, und im Anschluss war ich eine Zeit lang in der Licht- und Tontechnik bei einem Veranstaltungshaus aktiv. In dieser Zeit hab ich meine damalige Freundin kennengelernt, die einen eigenen Salon in Zwickau führt. An meinen Feierabenden war ich oft dort, hab mitgeholfen, mir das angeschaut und festgestellt, wie kompliziert und krass anstrengend, aber auch super interessant dieser Job ist. Die Arbeit dort hat mich abgeholt, das fand ich spannend. Ich hab dann tatsächlich eine Ausbildung dort gemacht. Danach bin ich nach Nürnberg gezogen, wo ich in verschiedenen Salons gearbeitet hab, bis ich festgestellt hab: „Hm, ich möchte noch ein bisschen mehr machen.“ Dann bin ich studieren gegangen. An der TH in Nürnberg habe ich BWL studiert, hab in der Zwischenzeit in der Gastronomie als Barista und außerdem im Quality-Management bei einem Online-Shop gearbeitet – und das alles gleichzeitig wohlgemerkt (lacht). Ich denke, man muss viel machen, um weit zu kommen. Nach Abschluss meines Studiums – das war 2015 – habe ich meine Frau kennengelernt, eine Kolumbianerin – wir haben in Kolumbien geheiratet. Auf einmal musste ich den Lebensunterhalt für zwei organisieren, und so bin ich zu New Flag gekommen, zunächst als Außendienstler für die Region Nürnberg.
Inzwischen sind Sie dort Director of Education (Anm.d.Red.: Zum Redaktionsschluss war Tom Hannemann noch bei New Flag angestellt, inzwischen hat er sich selbstständig gemacht). Was heißt das konkret?
Genau, seit dreieinhalb Jahren. Am Anfang war ich vor allem im Bereich Sales aktiv, habe aber auch schnell schon erste Produktschulungen in den Salons gemacht. Dann kam mein Chef auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich nicht ein Department auf die Beine stellen mag, mit dem New Flag seine Education für Farbe, Produkte und Technik organisieren kann, weil ich halt unsere Produkte gut kenne und weiß, wie sie am besten angewendet werden. Das war insofern neu, weil wir früher unsere Produkte verkauft, aber im Prinzip kaum jemandem erklärt haben, wie sie funktionieren, jedenfalls nicht im größeren Stil. Meine Aufgabe war also, System- und Schulungskonzepte zu entwickeln. Technisch gesehen ist mein Job die übergeordnete Organisation von Workshops und Seminaren, von Einsätzen im Salon, aber auch bei Shows auf Bühnen.
Sie arbeiten nicht mehr als Friseur. Fehlt Ihnen das?
Manchmal. Andererseits habe ich praktisch immer einen Pinsel in der Hand, weil ich viele Produkttests mache oder bei Schulungen an Modellen arbeite.
In Ihren Videos sind hochwertige, friseurexklusive Linien genauso Thema wie günstige Drogerieprodukte. Wie schaffen Sie es, den Spagat zwischen Balea und Biosthétique, zwischen Rossmann und Redken hinzukriegen?
In dem ich den passenden Blickwinkel wähle. Meine Idee war nicht, Marken miteinander zu vergleichen, sondern deren Inhaltsstoffe. In dem Bereich habe ich mich in die Tiefe eingearbeitet, weil ich’s echt wissen wollte und keinen Mist erzählen will. Ganz viele vergleichbare Produkte sind ähnlich aufgebaut, abgesehen von ein paar Innovationen in Sachen Funktionalität von Inhaltsstoffen, aber die Basis ist die gleiche. Deswegen habe ich die Technologie gewählt als meinen Blickwinkel und nicht die Markenwelt oder die Unterschiede in den Marketingstrategien.
Dennoch würde ich vermutlich nie sagen, dass ein Discount-Artikel genauso gut ist wie ein Profi-Produkt, weil das einfach nicht stimmt.
Würden Sie nicht sagen, es beißt sich, wenn Sie auf der einen Seite hochwertige Produkte vertreiben oder anpreisen und auf der anderen Seite das Mystic Oil eines Drogerie-Discounters für 2,45 Euro über den grünen Klee loben?
Ich glaube nicht, dass sich das beißt. Es geht ja auch darum, für jeden Geldbeutel Produkte zu finden, die Kundenwünsche erfüllen. Ich vergleiche Produkte zwar, aber nur in Relation von Preis zu Performance. Manchmal komme ich dann zu dem Schluss: „Mann, für das Geld ein wirkliches gutes Produkt“. Dennoch würde ich vermutlich nie sagen, dass ein Discount-Artikel genauso gut ist wie ein Profi-Produkt, weil das einfach nicht stimmt.
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Was machen Sie, wenn Sie weder Haar noch Pinsel in der Hand haben?
Ich gehe gerne mit meiner Frau essen, ich esse für mein Leben gern, ich koche für mein Leben gern. Das geht bei mir auch so ein bisschen Hand in Hand.
Südamerikanisch in dem Fall?
Habe ich tatsächlich gelernt von meiner Schwiegermutter, ja. Die hat gemeint, du musst das jetzt durchziehen, du musst jetzt so kochen lernen. Und das mach ich total gern. Ansonsten suche ich mir einmal im Jahr Fähigkeiten, die ich neu lernen möchte. Das ist meine Lieblingsfreizeitbeschäftigung. Vergangenes Jahr hab ich mir zum Beispiel draufgepackt, wie man ordentliche Cocktails mixt. Dazu habe ich ein Seminar besucht und das dann zu Hause für mich weiterentwickelt. Dann kam Beatboxing. Fürs nächste Jahr habe ich mir vorgenommen, einen Abstecher ins DJ-Handwerk zu riskieren.
Hier geht’s zu Tom Hannemanns TikTok-Account und hier zum Instagram-Kanal
Interview: Kai Lohwasser
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